Vergangenen Februar war ich 1 Monat lang in Indonesien unterwegs und hab dort nicht nur aufregende und interessante Landschaften gesehen, sondern auch viel von der indonesischen Kultur und den Menschen dort kennengelernt.
Vielen ist Couchsurfing schon ein Begriff. Auch ich hatte bereits davon gehört, mich aber erst dieses Jahr näher damit beschäftigt.
Dieses Jahr wollte ich diese Form des Reisens einmal selbst ausprobieren.
Wem Couchsurfing nichts sagt:
Es handelt sich dabei um ein riesiges Netzwerk von Leuten auf Couchsurfing.com, welche entweder ihr Bett (bzw. ihre Couch) anderen Reisenden unentgeltlich anbieten oder eben selbst auf jemandes “Couch” schlafen wollen. Sinn des Ganzen ist vor allem der kulturelle Austausch, sowohl für den Gastgeber, als auch für den Gast.
Im Vergleich zu ähnlichen Plattformen wie AirBnb, unternimmt man beim Couchsurfing in der Regel etwas mit dem Gastgeber (dieser zeigt einem z.B. die Stadt), verbringt also die meiste Zeit zusammen. Wer also nur eine kostenfreie Übernachtung sucht und dann in Ruhe gelassen werden will, stößt meist nicht gerade auf positive Resonanz.
Deshalb habe ich mir als erste Übernachtung nach Ankunft aus Deutschland auch erst einmal ein Hotelzimmer gebucht. Denn nach den Strapazen des Hinfluges, welcher erst abends ankam, wollte ich lieber meine Ruhe haben für die erste Nacht.
Im Übrigen ist Indonesien auch deshalb sehr gut für Couchsurfing geeignet, da es dort sehr viele Hosts, also Gastgeber gibt, die Reisende aus aller Welt zu Besuch haben möchten.
Nachdem ich meinen Reiseplan auf der Plattform veröffentlich hatte, bekam ich deshalb auch schnell einige Anfragen.
Dadurch musste ich gar nicht mehr selbst Leute anschreiben, sondern habe mir nur ausgesucht habe, was am besten zu meiner Route, usw. passt.
Couchsurfing in Jakarta
Meine erste Couchsurfing Erfahrung machte ich mit Ibnu in der Hauptstadt Jakarta.
Nachdem ich aus dem Hotel auscheckte, trafen wir uns dort in der Nähe. Da er ein Auto hatte, konnte ich mein Gepäck gleich einladen.
Ibnu war Student und konnte deshalb gut Englisch sprechen, so wie viele junge Indonesier. Bei den älteren Leuten sieht es dagegen ganz anders aus. Ibnus Eltern z.B. konnten kaum ein Wort Englisch.
Aber immerhin müssen viele Indonesier ja auch von Haus aus schon 2 Sprachen lernen. Denn neben der Amtssprache indonesisch gibt es auch verschiedene Sprachen innerhalb der Regionen (wie z.B. javanisch “basa jawa” auf Java).
Als erstes fuhren wir einige der Sehenswürdigkeiten an, wobei Jakarta an sich eigentlich nicht allzu viel zu bieten hat. Daher ging es nach einem Mittagessen in der Mall direkt zu seinen Eltern, wo er wohnt. Auf der Fahrt fing auch der Regen an, typisch subtropisch an, sodass es gut war, nun im Auto zu sitzen.
Verkehrsregeln gibt es hier laut Ibnu übrigens keine, zumindest keine die eingehalten werden (außer natürlich Grundlegendes wie rote Ampel nicht überfahren, usw.). Offenbar kann hier also jeder so schnell fahren wie er will. Und ja, teilweise konnte man dieses Stück Freiheit auch beobachten.
Angekommen bei Ibnus Zuhause, merkte man, wie ich finde, dass die Familie zwar nicht unbedingt reich, aber aufgrund des relativ geräumigen Hauses und 2 Autos auch nicht arm sein konnte.
Die Gastfreundschaft war jedenfalls sehr ausgeprägt und es gab vor allem etliche indonesische Gerichte und Spezialitäten von der Familie zu probieren, deren Namen ich leider nicht mehr nennen kann.
Das Essen war jedoch fantastisch und vielseitig und steht nicht im Vergleich zum allseits bekannten Reisgericht “Nasi Goreng”, welches verhältnismäßig langweilig ist.
Bei Ibnus Haus wurde mir auch das erste Mal bewusst gemacht, dass man als westlicher, großer Mann offenbar eine Attraktion ist.
Denn am nächsten Tag klopfte es an meiner Tür an und es stand eine halbe kichernde Schulklasse davor, offenbar Freunde/Schulkameraden von Ibnus kleinem Bruder, welche unbedingt ein Foto mit mir machen wollten. Na gut, wollen wir ihnen die Freude lassen.
Das war allerdings bei Weitem nicht das letzte Mal auf meiner Indonesien Reise, dass ich als Instagram und Facebook Post Motiv dienen musste.
Nach einem weiteren Tag mit Ibnu, wo wir den Taman Mini Park im Umland von Jakarta besuchten (einem interessanten Freizeitpark, in dem etliche Häuserstile aller Regionen Indonesiens ausgestellt waren), ging es für mich nach den ersten 2 Nächten Couchsurfing bereits weiter nach Yogyakarta.
Ibnu brachte mich netterweise noch zum Flughafen, da der Flug tatsächlich nur um die 25€ gekostet hat und wir verabschiedeten uns nach 2 interessanten Tagen in Jakarta.
Couchsurfing in Yogyakarta
Yogyakarta ist einer der beliebteren Orte auf Java mit vielen kulturellen Besonderheiten und etlichen Tempeln.
Hier hatte mich im Vorfeld Miko angeschrieben, ob ich ein paar Tage bei ihm bleiben wollte. Miko war zurzeit sogar dabei, einen Deutschkurs zu machen, um vielleicht einmal dort studieren zu können, im Luftfahrtbereich. Anspruchsvolle Pläne, aber vielleicht schafft er es ja.
Nachdem er außerdem gerade frei hatte, konnten wir jeden Tag etwas unternehmen.
Im Endeffekt bin ich sogar 6 Tage bei Miko geblieben und es war die mitunter lustigste Zeit auf meinem Trip in Indonesien.
Mikos Unterkunft war jedoch sehr, sehr spartanisch, muss man dazu sagen und natürlich ein großer Unterschied zu Ibnus Haus.
Es handelte sich hier um ein Zimmer in einer Art Studentenwohnheim, ein paar qm² groß und neben 2 Matratzen und einem Schreibtisch gab es dort nicht viel.
Das “Bad” bestand aus einem ca. 3qm² Bereich, ausgestattet mit einem Bottich voll Wasser und einem Eimer, um sich damit zu duschen. Die Toilette war im Erdgeschoss und typisch indonesisch ein “Stehklo”. Na gut.
Sehr gewöhnungsbedürftige Wohnumstände also, aber letztlich kann man sich für die paar Tage dran gewöhnen.
Für umgerechnet 20€, was Miko für sein Zimmer im Monat zahlt, waren der Zustand des Zimmer und der sanitären Anlagen aber eigentlich auch nicht verwunderlich.
So einfach die Unterkunft war, so cool waren aber auch die Ausflüge mit Miko, der mich mit seinem Motorrad mitnahm, auf dem wir eigentlich das ganze Umland Yogyakartas anfuhren.
Der Strand im Süden, Baden unter Wasserfällen, traditionelle Veranstaltungen wie das Dragon Festival oder Puppentheater in Yogyakarta oder der Borobudur Tempel im Norden Yogyakartas – Miko zeigte mir alles in und um der Stadt was interessant war und wo man teilweise alleine und ohne Roller oder Motorrad kaum hingelangen kann.
Im Hinblick auf das Essen war das unterwegs sein mit einem Einheimischen auch wieder sehr gut, da wir fast immer zu den wirklichen guten, aber günstigen Streetfood Restaurants fuhren, welche Touristen oft übersehen.
Da gab es dann auch schon mal ein Gericht mit Getränk für 0,80€.
Überhaupt habe ich in den ersten Tagen nur sehr wenig ausgegeben, teilweise nur 5€ am Tag für Essen und ab und an mal etwas Sprit fürs Motorrad.
Verhältnismäßig teuer sind dagegen Eintritte in die beliebten und bekannten Tempel (wie z.B. Borobudur), was für Touristen dann schon mal 10€ oder mehr kostet.
Natürlich unterhielten wir uns auch über vieles aus der Kultur, vor allem die islamische Prägung des Landes bzw. dieser Region (Zentral-Java), die hier in Yogyakarta auch verhältnismäßig streng war.
Vor allem im Hinblick auf Frau und Mann, welche z.B. als unverheiratetes Paar nicht einmal ein gemeinsames Hotelzimmer nehmen können oder mit Kleidung baden gehen müssen.
Mit dem regelmäßige Beten haben es zwar vor allem die jüngeren Leute, so auch Miko, nicht so ganz, allerdings wird man natürlich trotzdem mindestens 3x am Tag durch die umliegenden Moscheen beschallt (von Mikos Zimmer waren ganze 4 in der Nähe, weshalb ich nachts auch Ohrenstöpsel gebraucht habe, wenn das erst mal losging).
Dafür hatten sie es mit dem Alkohol wiederum sehr strikt. Die einzigen Bars in Yogyakarta habe ich in einer kleinen Touristenstraße gesehen, wo sich natürlich kaum ein Einheimischer aufhält.
So oder so, ich mag den Islam aufgrund seiner erheblichen Einschränkungen nicht wirklich, zumindest dann, wenn auch erwartet wird, dies alles so einzuhalten.
Man merkt es auch den Gesprächen mit Miko und anderen Indonesiern, dass gewisse Aspekte des hier ausgeführten Islams doch häufig sehr hinderlich sind und die Menschen in ihrer Freiheit sehr einschränken.
Schließlich ist man hier auch ganz schnell unten durch in der Gesellschaft, wenn man zu viele “religiöse Fehltritte” begeht.
Nach 6 Tagen ging es für mich dann, wie gesagt, wieder weiter und ich hoffe, Miko noch einmal wieder zu sehen. Falls er es einmal nach Deutschland schafft, bestimmt, aber natürlich auch dann, wenn ich es mal wieder nach Indonesien schaffe. Ab und zu haben wir noch Kontakt und bekommen natürlich auch über Facebook & Co. so ein wenig mit, was der andere gerade so macht.
Mein nächster Stopp war Surabaya, wo ich mich mit einer Couchsurferin traf, bei der ich nur eine Nacht blieb, weil ihr Studium bereits früher als geplant anfing.
Couchsurfing in Surabaya
Mein Bus kam erst am späten Nachmittag an, wo Ella mich am Busterminal abholen sollte.
Aufgrund meines damals noch unzuverlässigen Smartphones, dessen Akku aufgrund zahlreicher automatischer Neustarts nicht bis zum Ende durchgehalten hatte, hätten wir uns fast nicht gefunden. Schließlich hatten wir keinen spezifischen Treffpunkt ausgemacht, die Busstation war groß.
Zum Glück fand ich dann irgendwo ein paar Steckdosen, an denen ich das Handy kurz aufladen konnte und wir uns doch noch gefunden hatten.
Dass Ella als Frau einen männlichen Backpacker mit ihrem Roller zu sich nach Hause fährt, war eigentlich schon total unüblich und vielleicht gar ein Fauxpas.
Allerdings war sie auch absolut nicht die typische Muslime, sondern vielmehr sehr westlich denkend und ausgerichtet.
Immerhin war sie sogar schon einmal in Deutschland für ein Semester und hat dort die Gegebenheiten kennengelernt, die sie in Indonesien vermisste.
Vor allem die Freiheit, sich so selbst entfalten zu können, wie man es sich aussucht und nicht gefangen in den “islamischen Gesetzen” zu sein.
Allerdings hatte diese Einstellung hier für Ella auch gewisse Schattenseiten. Wer, wie sie, sich nicht an die Normen hält, wird bald im familiären/gesellschaftlichen Umfeld bekannt dafür und möglicherweise zum Außenseiter, mit dem man nichts mehr zu tun haben will.
Viele ihrer ehemaligen Freunde oder Bekannte haben sich deshalb von ihr zurückgezogen, auch oder vielleicht vor allem, weil sie dann selbst Probleme bekommen könnten, wenn sie mit Jemandem zu tun haben, der den gesellschaftlichen und religiösen Normen den Rücken zukehrt.
Die Gespräche mit Ella an diesem Abend, vor allem über die gesellschaftlichen Aspekte waren jedenfalls spannend und haben einen interessanten Einblick in die hiesige Kultur gegeben.
Am nächsten Morgen brachte sie mich nach einem etwas vorgezogenen Mittagessen wieder zum Busterminal, von wo aus ich mich schließlich in Richtung zweier Vulkane im Osten Javas machte: Mount Bromo und Ijen. Anschließend fuhr ich bis nach Bali, wo ich mich dann die meiste Zeit wieder mit 2 anderen Reisenden getroffen habe, die ich vorher auf einem Ausflug mit Miko kennenlernte. Auf Bali machte ich daher kein Couchsurfing mehr.
So interessant es war, so muss ich nämlich auch sagen, dass es nach 1,5 Wochen Couchsurfing auch ok ist, mal wieder eine Pause und Zeit für sich zu haben.
Sicher gibt es auch Leute, die wochenlang couchsurfen, aber ich finde es auch schön, mal wieder ein eigenes Hotelzimmer zu haben, zwischendurch.
Couchsurfing in Indonesien – auf jeden Fall eine super Erfahrung gewesen, mit vielen Einblicken in die indonesische Kultur, die man als normaler Tourist so nur selten erhält. Aber deshalb gibt es Couchsurfing im Grunde ja auch.
Vor allem meine Zeit mit Miko war nicht nur interessant, sondern auch sehr spaßig und wir haben wirklich viel gesehen und erlebt auf unseren Ausflügen.
Wer offen für diese Art des Reisens ist, sollte also nicht zögern und es einfach mal ausprobieren. Man muss ja nicht gleich eine Woche bei einer Person bleiben.
Solange man selbst weltoffen ist und auf Komfort ggf. mal verzichten kann oder einfach sehr günstig reisen will (wobei das offiziell natürlich nicht das Hauptmotiv sein sollte), dann kann das sehr spannend sein. Asien und speziell Indonesien ist jedenfalls ein guter Einstieg.
Zurzeit reise ich (fast) nur noch mit meiner Freundin zusammen, daher steht erneutes Couchsurfing für mich erst einmal nicht mehr auf dem Plan.
Ich werde es allerdings in guter Erinnerung behalten, auch wenn es letztlich “nur” 1,5 Wochen waren.
Hast du vielleicht selbst schon einmal Couchsurfing Erfahrungen gesammelt und wenn ja, wo?
Erzähl doch in den Kommentaren davon!
Hat dir dieser Erfahrungsbericht gefallen? Ja? Dann bedanke dich doch mit einem “gefällt mir” oder teile den Artikel 😉